FAQ

Haftet der Vermieter beim Treppensturz?

Eine ausführliche Zusammenfassung der geltenden Vorschriften zum Thema Treppensturz – und hier fehlender Handlauf – hat der TCS zusammengetragen. Bestehen an einem Mietobjekt sicherheitsrelevante Mängel – und dazu zählen fehlende Handläufe – muss der Vermieter dies beheben. Denn bei einem Unfall kann er haftbar gemacht werden. Diese Kosten sind zu vermeiden – wie auch viel menschliches Leid durch einen Unfall. Ausführliche Info siehe..

Deutsch: https://issuu.com/touring-online/docs/inet_touring_2017_d_05
Französisch: https://issuu.com/touring-online/docs/inet_touring_2017_f_05
Italienisch: https://issuu.com/touring-online/docs/inet_touring_2017_i_05

Wir bedanken uns für die Recherche und die Erlaubnis, den Artikel bereitstellen zu dürfen bei www.touring.ch

Handlauf für Montage eines Treppenliftes entfernt.
Muss ein Handlauf nachgerüstet werden?

Ich habe in Zürich ein grosses Mehrfamilienhaus gekauft, mit einigen Wohnungen und Praxen und einem Notar. Muss ich an der Treppe einen Handlauf anbringen. Dieser wurde bei der Montage des Treppenliftes entfernt, und aus optischen Gründen darauf verzichtet.

Ja, Sie müssen mindestens einen Handlauf anbringen, da auch bei einem Lift es möglich ist, dass dieser nicht nutzbar ist. Am besten fragen Sie bei der Stadt oder im Kanton Zürich nach. Wir empfehlen den beidseitigen Handlauf an der Treppe, da es sich wohl auch um eine Fluchttreppe (auch als Haupttreppe) handelt. Dazu die Info der Stadt Zürich zum Thema „Absturzsicherungen im Hochbau (Geländer, Brüstungen und Handläufe)“ (Handlauf auf Blatt 3). Richtlinie vom 1. Juni 2013, Besondere Bauverordnung I des Kantons Zürich (BBV I).

Ich bin Architekt – Wie gestalte ich eine Treppe am sichersten?

Am Besten ist immer, sich an den gesetzlichen Vorgaben und den Empfehlungen der einschlägigen Berufsverbände oder der SUVA zu orientieren. Bei einer Treppenanlage gibt es viele Dinge die beachtet werden müssen. Diese sind meist auch abhängig von der Form der Treppe, dem Steigungswinkel und der Art der Stufen. In puncto Treppenbau hat die bfu (Beratungsstelle für Unfallverhütung) eine sehr umfassende Fachbroschüre herausgegeben, die die wesentlichen Anforderungen an eine sichere Treppenanlage enthält. Mehr dazu erfahren Sie auf der Seite der bfu. Und auch in unserer Rubrik „So ist es normgerecht“ finden Sie zahlreiche interessante Hinweise.

Im Strassen- und Wegebau sind die Anforderungen an Rampen, Treppen und Treppenwege durch den Schweizerischen Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) in der SN Norm 640 238 festgelegt. Diese Anlagen sind so zu planen, dass ein freier Zugang für alle potenziellen Verkehrsteilnehmenden gewährleistet ist und die unterschiedlichen Ansprüche der verschiedenen Benutzergruppen möglichst gleichwertig berücksichtigt werden. Sowohl Verkehrssicherheit (z. B. ausreichende Dimensionierung), Unfallprävention (z. B. flache Gefälle, Rutschfestigkeit, Absturzsicherungen) als auch die Sicherheit vor Übergriffen (z. B. Übersichtlichkeit, Beleuchtung) sollen gewährleistet sein. Zudem müssen die Anlagen die Anforderungen an behindertengerechtes Bauen erfüllen (SIA Norm 500). Lesen Sie auch hierzu in unserer Rubrik „Recht & Gesetz“ → „Spezielle Vorschriften“ nach.

Zudem lohnt es sich immer bei der örtlichen Baubehörde nachzufragen, ob es spezielle kommunale Vorschriften gibt, die Sie beachten müssen.

Warum brauche ich an meiner Treppe einen Handlauf?

In erster Linie natürlich weil es für Sie und Ihre Familie, Freunde und Besucher mehr Sicherheit und Komfort bedeutet.

Aber das Vorhandensein eines Handlaufes ist auch gesetzlich vorgeschrieben. § 239 Absatz 1 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich (PBG) schreibt vor, dass Bauten und Anlagen den anerkannten Regeln der Baukunde entsprechen müssen. Als solche anerkannten Regeln der Baukunde gelten auch die SIA-Normen. In der SIA-Norm 358 – Geländer und Brüstungen ist vorgeschrieben, dass Treppen mit mehr als 5 Tritten mit Handläufen versehen werden müssen. Zudem gibt es auch zahlreiche spezielle Normen beispielsweise für den Arbeitsplatz, an maschinellen Anlagen oder im Strassen- und Wegebau etc., die Handläufe an Treppen vorschreiben. Einen kleinen Überblick über die verschiedenen Vorschriften finden Sie unter unserer Rubrik „Recht & Gesetz“ → „Spezielle Vorschriften„.

Und wenn die Gesetze nicht eingehalten werden, haftet der Eigentümer zivilrechtlich nach Art. 58 des Obligationenrechts für den entstandenen Schaden. Auch strafrechtlich können die beim Bau Verantwortlichen wegen Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde gem. Art. 229 des Strafgesetzbuches belangt werden. Lesen Sie mehr dazu unter unserer Rubrik „Recht & Gesetz“ → „Haftung„.

Mit einem Handlauf sind Sie also immer auf der sicheren Seite.

Brauche ich auf beiden Seiten einen Handlauf?

Ein zweiter Handlauf ist nach SIA-Norm 358 immer dann anzubringen, wenn die Treppe mehr als zwei Stufen hat und von Behinderten oder Gebrechlichen normalerweise benutzt wird. Dies gilt vor allem für Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäude, Heime, Spitalbauten, Kultusgebäude und Bauten für Kultur – unabhängig von der Treppenbreite, die für öffentlich zugängliche Gebäude je nach Personenzahl variiert. Zudem müssen auch Fluchttreppen beidseitig einen Handlauf aufweisen. Die SIA-Norm 500 – Hindernisfreie Bauten schreibt ebenfalls einen beidseitigen Handlauf für Treppen in öffentlichen Gebäuden mit zwei und mehr Steigungen vor.

Müssen Handläufe durchgehend sein?

Im öffentlich zugänglichen Bereich (Gebäude mit Publikumsverkehr) müssen die inneren Handläufe grundsätzlich ohne Unterbruch ausgeführt werden. Ist ein zweiter Handlauf vorgeschrieben, also auf der äusseren Seite der Treppe (sogenannter Wandhandlauf), muss dieser auch durchgängig geführt werden. Dazu müssen sich Handläufe kontrastreich vom Hintergrund abheben.

Die weiteren Anforderungen an einen normgerechten Handlauf finden Sie unter unserer Rubrik „So ist es normgerecht„.

Brauche ich auch an einer Aussentreppe zwingend einen Handlauf?

Zu dieser Frage hat der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) Klarheit geschaffen:

„Eine Aussentreppe, die zu einem Hauseingang führt, ist ein Werk im rechtlichen Sinne und so zu gestalten und zu unterhalten, dass sie gefahrlos benützt werden kann. Geländer, Brüstungen und Handläufe müssen als bauliche Massnahmen Personen vor Absturz und Sturz sichern. Massgebend für die einwandfreie Erstellung einer Treppe sind in der Schweiz unter anderem die Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA- Normen). Dabei spielt das so genannte Gefährdungsbild eine wichtige Rolle: handelt es sich um ein Einfamilienhaus, ein Mehrfamilienhaus oder gar um eine Schule oder ein Heim? Ist die Treppe als Fluchtweg vorgesehen? Die SIA-Normen schreiben vor, dass Treppen mit mehr als fünf Tritten bei normalem Gebrauch in der Regel mit einem Handlauf zu versehen sind. Gehören Behinderte oder gebrechliche Personen zum normalen Benutzerkreis oder handelt es sich um eine Fluchttreppe, so sind bereits ab zwei Tritten beidseitige Handläufe vorzusehen.“

„Allgemein ist bei einem Mehrfamilienhaus darauf abzustellen, dass die Treppe von alten Leuten, Kindern oder von Leuten mit Lasten selbst bei winterlichen Verhältnissen ohne Sturzgefahr benützt werden kann. Es ist sehr zu empfehlen, einen Fachmann mit der Montage solider Handläufe zu beauftragen, die alle Anforderungen an die Sicherheit erfüllen.“

Den Artikel können Sie auch bei www.svv.ch/… nachlesen.

Warum muss ein Handlauf mindestens 30 cm über die erste und letzte Stufe geführt werden?

Beim Treppensteigen und auch beim Hinuntergehen geht die Hand, die sich am Handlauf festhält, immer voraus. Damit jeder auch die letzte Stufe problemlos überwinden und sich bis zum Ende der Treppe festhalten kann, muss also der Handlauf auch über die erste und letzte Stufe hinaus gehen. Dabei sollte das Mindestmass 30 cm betragen.

Muss man in einem öffentlichen Gebäude nachrüsten, wenn die aktuellen Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten sind oder gibt es Bestandesschutz?

Hierzu hat die bfu (Beratungsstelle für Unfallverhütung) einen interessanten Artikel veröffentlicht:

„Eine Verpflichtung zur Um-/Nachrüstung bestehender Bauten kann sich aus Vorschriften des kantonalen bzw. kommunalen Baurechts ergeben. Die kantonalen Bauerlasse sind allerdings in der Regel so abgefasst, dass darin keine expliziten Pflichten zur baulichen Anpassung an den neusten Stand der Sicherheitsmassnahmen enthalten sind. Im Einzelfall muss die rechtliche Situation im Standortkanton und in der Standortgemeinde im Detail abgeklärt werden.
Dabei ist zu beachten, dass verschiedene kantonale Bauerlasse Vorschriften enthalten, wonach die zuständigen Behörden (z.B. Baupolizei) Massnahmen zu treffen haben, um Gefährdungen der Sicherheit zu beseitigen, die von unvollendeten, mangelhaft unterhaltenen oder sonst ordnungswidrigen Bauten ausgehen.
Relevant ist im Zusammenhang mit obiger Frage auch der Art. 58 Obligationenrecht. Danach haftet der Werkeigentümer zivilrechtlich für Schäden, die auf fehlerhafte Anlage oder Herstellung oder auf mangelhaften Unterhalt seines Werkes (z.B. Gebäudes) zurückzuführen sind. Die Bundesgerichtliche Rechtsprechung leitet aus diesem Artikel unter anderem ab, dass sich der Werkeigentümer nicht ohne weiteres darauf berufen kann, sein Werk sei seinerzeit nach den Regeln der Baukunst erstellt worden und gelte somit auch noch nach Jahren als mängelfrei. Der Eigentümer muss demnach der Entwicklung der Technik Rechnung tragen und sein Gebäude allenfalls dem neueren Stand der Sicherheitsmassnahmen anpassen. Je einfacher und billiger diese Verbesserungen hätten vorgenommen werden können, desto eher waren sie zumutbar und desto strenger wird der Richter bei der Beurteilung der Mangelhaftigkeit sein.
Eine Überprüfung der Sicherheitsmassnahmen im Gebäude empfiehlt sich dann, wenn bedeutende Änderungen (z. B. eine umfassende Sanierung) vorgenommen werden. Diese Änderungen können in baulichen Massnahmen, organisatorischen Neuerungen oder aber in einer veränderten Nutzungsart bestehen. Handlungsbedarf besteht ferner überall dort, wo eine offensichtliche Gefährdung erkannt wird.

Fazit:

  • Im Regelfall geniessen bestehende Bauten einen Bestandesschutz. Rechtliche Vorschriften, welche direkt zu einer Anpassung an den geänderten Stand der Technik verpflichten, existieren nur ausnahmsweise (z.B. im kantonalen oder kommunalen Baurecht).
     
  • Bei ordnungswidrigen oder krass mangelhaft unterhaltenen Bauten, welche die Sicherheit von Personen / Sachen gefährden, kann die Behörde (z.B. Baupolizei) allerdings verbindliche Massnahmen anordnen.
     
  • Indirekt kann aus der Werkeigentümerhaftung gemäss Art. 58 Obligationenrecht abgeleitet werden, dass sich der Eigentümer einer Baute nicht darauf berufen kann, seine Baute sei nach den Regeln der Baukunst erstellt worden und gelte demnach heute immer noch als mängelfrei.
     
  • Mit einer periodischen Überprüfung und Verbesserung der Sicherheit der Baute durch eine Fachperson trägt der Eigentümer zur Sicherung und Werterhaltung und somit zur Unfallprävention bei und reduziert gleichzeitig sein eigenes Haftungsrisiko.“

Den Artikel können sie auch bei www.bfu.ch/… lesen

Brauchen wir an der Treppe in unserem Haus einen Handlauf wenn wir einen Lift haben?

Immer wieder erreicht uns die Frage, ob ein Handlauf an der Treppe auch notwendig ist, wenn das Haus mit einem Personenaufzug ausgestattet ist. Die Antwort lautet ganz klar: ja!!

Ein Aufzug muss in regelmässigen Abständen gewartet werden, was meist nicht in 5 Minuten erledigt ist. Zudem kann ein Aufzug ausfallen und muss über einen längeren Zeitraum hinaus repariert werden und kann deswegen nicht benutzt werden. Und wer kennt den Hinweis nicht: „Aufzug im Brandfall nicht benutzen“? In all den Fällen sind die Bewohner oder Besucher des Hauses trotz Aufzug auf die Treppe angewiesen. Daher muss die Treppe, auch wenn ein Lift vorhanden ist, sicher sein und einen Handlauf haben.
Besonders in Notfällen, wenn der Aufzug nicht benutzt werden darf und auf der Treppe oft heftiges Gedränge entsteht, ist es wichtig dass man sich festhalten kann und dass die Menschen, die auf einen Handlauf angewiesen sind, sich ebenso in Sicherheit bringen können, wie alle Anderen auch.

Und auch wenn ein Aufzug vorhanden ist, gelten die gesetzlichen Vorschriften und vor allem die SIA-Norm 358, die einen Handlauf ab 2 bzw. 5 Stufen vorschreibt. Wenn es sich um Fluchttreppen handelt, muss sogar beidseitig ein Handlauf angebracht sein. Mehr zu den gesetzlichen Vorschriften finden Sie in unserer Rubrik „Recht & Gesetz„.